/
Text Nikol Putz
|
Reale bayrische Bilderwelt
Die kompositorische Arbeit von Andreas Lechner versucht die traditionellen Formen der Volksmusik mit neuen musikalischen Stilmitteln zu brechen und weiterzuentwickeln – „eine wilde Volksmusik, reale bayrische Bilderwelt, stark, grauenvoll, valentinisch und rural, von heute, von morgen, kritisch, komisch und optimistisch.“ (Hans Werner Henze)
„Das Stück spielt unter bayrischem Himmel auf einem Misthaufen eines kleinen Bauerndorfes und in München. Es kann aber auch auf jedem anderen beliebigen Misthaufen Deutschlands spielen.“, schrieb Andreas Lechner über sein Stück.
Die Geschichte beschreibt den Niedergang der bäuerlichen Kultur und die Ausweglosigkeit der Landwirtschaft in den letzten Jahren. Auf Grund einer fortgeschrittenen Profit- Gewinnmaximierungsgesellschaft hat der kleine Landwirt keine Chance mehr. Bäuerliche Kultur und Tradition werden zerstört. Es gibt kein Zurück mehr, will der Bauer nicht zum Landschaftspfleger innerhalb einer Freizeitgesellschaft werden.
Der Bauer Hans verliert seine bisher sinnvolle Arbeit. Die Ehe mit seiner Frau Lies zerbricht. Er entwurzelt. Ein höchst aktuelles Thema dieser Tage und Wochen im Jahr 1997!
Als Regisseur und Veranstalter dieses Theaterereignisses wünsche ich mir, einen weiteren innovativen Akzent für die Darstellende Kunst hier im Landkreis Regen setzen zu können. So engagiere ich mich seit 1992 für die Entstehung eines Forums, das es ermöglicht, gutes Theater zu gestalten, d.h. von hohem handwerklichen und inhaltlichen Niveau. Dort sollen in zuschauerfreundlicher Anschaulichkeit Themen kunstvoll und kritisch erarbeitet und dargestellt werden.
Mit der rustikalen Themenstellung und der radikalen Form der Theaterarbeit sollen dem Publikum Anregungen für eine Auseinandersetzung geboten werden, die den Blick für seine Lebensumstände erweitert, um es zu begeistern. Künstlerische Artikulation auf dem Theater darf unterhalten und auf intelligente Weise Nachdenklichkeit bereiten, Sinn stiften und dafür alle Mittel der darstellenden Kunst aufwenden.
In diesem Landkreis Regen mit fast 80.000 Menschen, von denen die meisten ein modernes Leben führen und via Satellit aus ihrem Dorf in das „Weltdorf“ blicken, muss es seltsam anmuten, dass dem professionellen Theater noch kein entsprechendes Forum geschaffen wurde. Zu dieser notwendigen kulturellen Strukturverbesserung einen angemessenen Beitrag leisten zu können, würde meiner Profession entsprechen.
Nikol Putz, Gotteszell im August 1997
|